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Donnerstag, 17. Januar 2013

Auf zwei Planeten









Auf zwei Planeten, Kurd Laßwitz
(1897)

Von wohlmeinenden Marsinvasoren.

 Kurzinhalt:
Eine durch den Privatmann Friedrich Ell, welcher aufgrund einiger ungewöhnlichen Erfindungen zu Reichtum kam,  finanzierte Expedition hin zum bisher noch unerforschten Nordpol unter Leitung des Direktors der Abteilung für wissenschaftliche Luftschiffahrt, Hugo Torm, und unter Beteiligung des Astronomen Grunthe und des Naturforschers Josef Saltner, stellt überraschend fest das sich am exakten Polpunkt bereits eine Insel-Station unbekannter Nationalität befindet. Beim versuch die Insel mit ihrem Ballon zu umschiffen geraten sie in einen mysteriösen Aufwärtssog und verunglücken. Grunthe und Saltner erwachen kurz darauf auf der Insel und erfahren das sie sich in der Obhut von Martiern, Bewohnern des Mars befinden. Die Martier erklären den Geretteten das sie sich unglücklich in ein sogenanntes Abarisches Feld begeben haben, ein art Tunnel in der die Schwerkraft künstlich aufgehoben wurde. Dieser Tunnel bildet die Verbindung zu eine Raumstation die wiederum den Martiern als Start und Landebasis dient. Eine Suche nach dem Verbelib Torm's belibt erfolglos. Als Grunthe und Saltner ihre absicht Äußern nach Deutschland zurückzukehren, laden Die Martier, welche Gründe haben ihre Anwesenheit noch verborgen zu halten, die beiden ein auf den Mars zu kommen - doch nur Saltner, der sich zu den beiden Martierinnen La und Se hingezogen fühlt folgt der Einladung, Grunthe kehrt zurück nach Europa um der Welt von der Landung der Martier zu verkünden, ahnen er und Saltner doch bereits die Absicht der Martier die Erde zu einer Kolonie des Mars zu machen und fürchten das den Menschen, sollte sie den den Technisch wie Ethisch überlegen Martiern ohne Vorbereitung begegnen, die Erde widerstandslos verloren ist. Doch weder die Warnung Grunthe's noch das wirken Saltner's auf dem Mars kann verhindern das die Erde zur Marsenklave erklärt wird... 


 Lasswitz Meisterwerk muss auch heute noch als ein relevantes, vorrausschauendes, und aufgrund seiner zutiefst menschlichen Natur zeitloses Stück Literatur gesehen werden. Vor allem in seiner Darstellung der Martier und ihrer zunächst erhabenen Gesinnung zeigt sich der Autor als ein weitgehend optimistischer Visionär, und es taucht schon hier das Credo der humanistischen SF auf, das alle höher entwickelten Wesen auch zwangsläufig einer höheren Ethik werden folgen müssen. Dies ist auch bei Arthur C. Clarke ein immer wiederkehrender Kernsatz. Insgesamt finden sich hier bereits so viele durch Clarke später zu Weltruhmgelangte Gedankenspiele; unter anderem die Idee einer Permanenten Raumstation um Reisen im All zu erleichtern, der "Fahrstuhl zu den Sternen" der einen Lasttransport ins All überhaupt erst sinnvoll machen könnte und eben der erwähnte Glaube an die Notwendigkeit und Fähigkeit durch Fortschritt sich über seine Natur hinauszuerheben, das es zum einen mir sehr leicht Fällt meinen Finger darauf zulegen warum mich dieser Roman, gewisser Längen zum Trotz, so sehr fasziniert hat und zum anderen ich mich nach der Lektüre bald schon fragen musste in wiefern sich Clarke wohl vom Vater der deutschen SF zu seinem späteren Werk hat inspirieren lassen.

 Fürderhin stellt der Roman die Frage in wiefern es einer fortschrittlicheren Gesellschaft erlaubt sein kann auf andere einzudringen und ihnen, wenn auch in diesem Fall erstenmal wohlmeinend, ihre Kultur aufzudrängen, eine kaum zu leugnende Reflektion deutscher Kolonialpolitik, und beleuchtet eine Frage welche auch heute noch von ungebrochener Brisanz ist. Dabei stellt Laßwitz seinen Martiern jedoch als Grundsatz der Numenheit eine unbedingte Achtung des freien Willens bei, bietet damit bereits den philosophischen Lösungsansatz - wenn nur Menschliche Natur so leicht zu überwinden wäre.

 Man muss sich allerdings vor Augen halten daß das Buch um die Jahrhundertwende geschrieben wurde (nicht diese, die vorgehende) was sich am deutlichsten im Sprachstil niederschlägt:
"Oh, ich habe es nicht vergessen, Ell", fiel Isma ein. "Ich erinnere mich an jedes Wort. Denn in all meinem eignen Leid steht mir jener Moment vor Augen als der größte meines Lebens. Unter mir schwand mein eignes Dasein vor dem erhabenen Gefühl, daß wir der Menschheit dienen müssen, und ich war stolz und glücklich, in dem Augenblick bei Ihnen sein zu dürfen, da von Ihrem Entschluß der Beginn eines neuen Zeitalters abhing. Sie wiesen hinab, wo zwischen dem Laub die weiten Wasserflächen schimmerten, und sagten: Da unten, wo die Schmelzwasser des Pols in ihrem natürlichen Bett sich sammeln, sind sie klar und ruhig und versiegen nimmer. Aber wir heben sie mit unsern Maschinen in den Sonnenbrand der Wüste, und trübe verrinnen sie allmählich in dem Bett, das Tausende von Kilometern sich hinzieht. Wer sagt uns, wie der heitere Seelenspiegel des Numen sich trübt, wenn wir ihn künstlich auf die Erde versetzen und auf unübersehbare Jahre seine Reinheit im Schlamm der Menschheit vergraben? Und da erwiderte ich Ihnen: So weit die Kanäle sich füllen, sproßt das Leben in der Wüste, und die Kultur des Mars beruht auf diesen sich selbst verzehrenden Adern. - Würden die Nume diese Riesenlasten von Wasser heben und verrinnen lassen, wenn sie nicht glaubten, daß es seine begebende Kraft auch behält in dem künstlichen Bett? Und wer schafft es herauf? Es ist doch die Vernunft, die die Natur leitet. Glauben Sie nicht an die Vernunft? Und als ich dies sagte, da blitzte es drunten auf über den Bäumen, und helle Strahlen stiegen in die Höhe und mehrten sich, und so weit der Blick reichte, zitterten die Lichtfontänen in der Luft, und die Leute liefen durcheinander und riefen sich zu: ›Der Friede ist geschlossen! Die Erde gehört uns - -‹ Und Sie faßten meine Hand und sagten: ›Ja, ich glaube an die Vernunft!‹ Und sehen Sie, Ell, ich glaube! An die Vernunft und an Sie! Und wenn ich das nicht mehr könnte -" Sie brach ab. Ell aber ergriff ihre Hand und rief: "Sie können es, Isma, Sie können es! Mein Glaube an die Vernunft ist nicht erschüttert, und mich sollen Sie nicht weichen sehen aus feiger Schwäche. Aber die Vernunft ist ewig, ich bin ein vergänglicher Zeuge ihres zeitlichen Gesetzes, und ich muß gefaßt sein, daß sie über mich hinwegschreitet. Denn ich habe mir angemaßt zu beginnen, was zu vollenden Geschlechter gehören. Wenn ich mich nun täuschte in den Mitteln, die ich für die richtigen hielt?"

 Zu dem kommen dann noch lange Passagen, ja ganze Kapitel, hinzu, in denen Laßwitz uns die grundlegende Physik der Planeten und der Raumfahrt, zum damaligen Kenntnisstand, erläutert oder uns ausführlich ein Bild von der Kultur und politischen Organisation der Martier zeichnet. Auf zwei Planeten ist demgemäß ein Buch das vom Leser Muße fordert und Aufmerksamkeit, gerade in den frühen Kapitel werden viele Grundlagen erarbeitet zum Teil wissenschaftlich fundiert zum Teil frei vom Autor ersonnen (hier läge wohl ein geringer Kritikpunkt an Laßwitz' Werk, da es schwer abzuschätzen ist in wie fern dem damaligen Leser es möglich sein konnte den Fakt von der Fiktion immer zu trennen). Auf den modernen Leser jedoch, fürchte ich, wird Auf zwei Planeten erst mal wie eine Mischung aus Metropolis und Flash Gordon wirken, die antiquierte Technik, der philosophierende Ansatz sowie die weite Teile beherrschende Beziehung zwischen Hugo Torm und seiner Frau Isma, sowie die sich entspinnende Liebesgeschichte zwischen Saltner und den Martierinnen, all das wird zu dem noch oft abschreckend wirken auf die moderne Leserschaft welche aktionsbetontere Kost gewohnt sein könnte.

 Auch ansonsten ist der Schreibstil oft gewöhnungsbedürftig, zum Beispiel wechselt Laßwitz bisweilen ganz frei, mitten im Kapitel von der Vergangenheitsform zum Präsenz und zurück.

 Doch erweist sich Auf zwei Planeten im Gerüst und in seinen Kernfragen als von solch zeitloser Relevanz, das es schwer fällt zu verstehen wie es kommen konnte das Laßwitz der breiten Maße nicht ähnlich geläufig ist wie ein Jules Verne oder H.G. Wells.



 Gemessen an meiner Vorrede wird meine Lieblingspassage aus dem Buch von niederschmetternder Belanglosigkeit erscheinen, aber ich möchte sie trotzdem nicht vorenthalten; man kann sich wohl problemlos Vorstellen wie viel größer mein Amüsement dabei war diese Stelle gerade auf meinem neuen eBook Reader zu Lesen:
Das Buch, welches La der Bibliothek entnommen hatte, besaß wie alle Bücher der Martier die Form einer großen Schiefertafel und wurde an einem Handgriff ähnlich wie ein Fächer gehalten, so daß die längere Seite der Tafel nach unten lag. Ein Druck mit dem Finger auf diesen Griff bewirkte, daß das Buch nach oben aufklappte, und auf jeden weiteren Druck legte sich Seite auf Seite von unten nach oben um. Man bedurfte auf diese Weise nur einer Hand, um das Buch zu halten, umzublättern und jede beliebige Seite festzulegen.

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