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Samstag, 7. Dezember 2013

Revolver / The Garden of Eve








Revolver, Marcus Sedgwick
(Orion, 2009)


1910. Eine Hütte nördlich des Arktischen Kreis. Der fünfzehnjährige Sig Andersson ist allein. Allein, mit Ausnahme des Körpers seines Vaters, welcher früher am Tag verstarb nach dem er durch eine dünne Schicht im Eis in den See gefallen ist. Seine Schwester, Anna, und Stiefmutter, Nadya, sind in die Stadt aufgebrochen, um Hilfe zu holen. Dann Klopft es an der Tür. Es ist ein Mann. Einen unterm Mantel hervorlugenden Griff eines Revolvers an der Hüfte und einen üblen Blick in den Augen. Sig hat ihn nie zuvor gesehen, doch Wolff behauptet er habe noch unerledigte Geschäfte mit seinem Vater. Als Sig langsam die üble Wahrheit erfährt, über Wolffs Verbindung zu seinem Vater, findet er seine Gedanken hingezogen zu einer Box, versteckt auf einem Regal im Vorratsraum, welche seines Vaters wertvollsten Besitz enthält - einen Revolver.
Als Anna allein zurückkehrt, und Wolff näher kommt, fokussiert sich Sigs Wahl. Soll er die Waffe benutzen oder nicht?

Als mir Revolver von Sedgwick zum ersten mal (im Netz) begegnete, haben mich zwei Dinge spontan angesprochen - und tun es noch: Das Cover der Taschenbuchausgabe, siehe oben, und die Inhaltsangabe, dito, welche mich unter anderem sofort an den Neil Young Klassiker Powder Finger erinnerte.

Die kammerspielartige Prämisse eines jungen Mannes der im einsamen Alaskawinter in einer Blockhütte Wacht hält über dem Leichnam seines Vaters, als plötzlich ein Fremder aus der Kälte auftaucht mit einer offenen Rechnung, die er mit dem Toten zu begleichen sucht - das klingt, für mich, wie der perfekte Stoff fürs Kopfkino.

Und tatsächlich kann man Sedgwick nur wenig Vorwürfe machen, die Geschichte ist elegant erzählt und geschickt ausgefeilt, so dass zum Ende hin tatsächlich alle Elemente nahezu Reibungslos ineinander greifen.
Was also, mag man Fragen, wäre dann mein Vorwurf?
Offengestanden, liegt hier der Fehler wohl mehr, wenn nicht sogar gänzlich, bei mir, denn beim Autor. Tatsache ist dass das Buch aller Orten so mit Lob überschüttet wurde und Sedgwicks Prosa in solch glühenden Worten gelobt wurde, dass ich zum einen einfach sehr viel höhere Erwartung daran hatte, als "nur" einen gelungenen Abenteuer-/Kriminalroman für junge Leser zu bekommen. Zum anderen störte mich wie der Autor zur Einleitung des Showdown im Buch Schwester Anna in die typische "Damsel in Distress" Rolle drängt - obwohl natürlich diese Entwicklung im Kern schon in der Inhaltsangabe vorweggenommen wird. Auch gestaltet sich Revolver keineswegs wie angenommen als Kammerspiel, das psychologische Duell, das der Fremde mit Sig, und später auch dessen Schwester, ausficht macht nur einen geringen Teil der Geschichte aus, den Löwenanteil bestreitet die in Rückblenden erzählte Vorgeschichte, die Vergangenheit zwischen Sig's verstorbenem Vater und dem Fremden. Auch die Psychologie der Charaktere ist nur von vordergründiger Bedeutung, ohne weitere Tiefe.
Ironischerweise fürchte ich trifft auf meine Einschätzung von  Revolver die an einer Kritik zu The Garden of Eve geäußerte Kritik zu - das es nicht fair ist ein Jugendbuch nach Maßstäben die man als Erwachsener stellt zu beurteilen.

Als Fazit gilt:
Revolver ist eine sich langsam aufbauende Geschichte, aber auf jeden Fall auch eine die, vor allem zum Ende hin, zu Fesseln vermag. Falsche Erwartungen meinerseits, und ein gefühlt unnötiges Trope* schmälerten aber meinen Lesegenuss.










The Garden of Eve, K. L. Going
(Houghton Mifflin Harcourt, 2007)


Unwillig zieht Evie nach dem Tod der Mutter mit ihrem Vater um ins ferne Beaumont, New York, wo dieser einen Apfelgarten erstanden hat, ungeachtet der Gerüchte das ein Fluch über der Stadt liegt und die Bäume dort schon seit Jahrzehnten keine Früchte mehr tragen. Evie hat den Glauben an Flüche und Märchen aufgegeben - wären Märchen real, würde ihre Mutter immer noch leben.
Aber in Beaumont gehen seltsame Dinge vor sich. Ein viel zu früher Winter hält die Stadt in eisernem Griff, die Bäume sehen abgestorben aus, und Evie trifft einen Jungen den niemand außer ihr selbst sieht, einen Jungen der sagt er sei ein toter. An ihrem elften Geburtstag erhält Evie ein seltsames Geschenk, eine Hinterlassenschaft des alten Besitzers der Apfelplantage - ein Samen älter noch als die Bäume dort, und genauso leblos. Als sie den Samen einpflanzt, erwächst daraus ein Apfelbaum der ein Tor in eine andere Welt birgt, eine Welt die nur Evie und der tote Junge sehen - oder betreten können.

The Garden of Eve war mir gänzlich unbekannt, als ich auf GoodReads mein Exemplar von Bridget Jones- Mad about the Boy zum Tausch anbot, und mir dafür Revolver ertauschte. Und als meine Tauschpartnerin mir, da Revolver so dünn ist, ein weiteres Buch zum aussuchen anbot und mich, wie bei Revolver, das Titelbild des Buchs auf anhieb faszinierte, genauso wie die ersten Seiten, welche ich daraufhin auf Amazon anlas, stand meine Wahl schnell fest. Auch hier verlockt die Inhaltsangabe zu Fehlannahmen, erwähnen doch nicht wenige Rezensenten ihre Enttäuschung darüber dass das magische Element in The garden of Eve nur eine untergeordnete Rolle spielt. Es ist tatsächlich so das jene andere Welt die Evie und ihr geheimnisvoller Freund entdecken, und die nur sie sehen können, auf wenigen Seiten abgehandelt wird und gleich wohl real im Kontext der Geschichte, im Kern nicht mehr darstellt als eine die einzelnen Storystränge vereinende Metapher.

Glücklicherweise entsprach The garden of Eve mit seiner leicht melancholisch erzählten Geschichte eines Mädchens das den Tod der Mutter, sowie den Rückzug des Vater verarbeiten muss, das in einer von einem Fluch beladenen Stadt auf einen Jungen trifft der sich als ein toter Vorstellt, so ganz den Erwartungen die ich darin gesetzt hatte.
Kunststück, ich bin eben immer noch in jener Phase meines Lebens in der man mit einer rührseligen Vater/Tochter Geschichte bei mir nicht viel Falsch machen kann.

Wer sich übrigens beim Titel The Garden of Eve an ein anderes Stück Jugend-Literatur erinnert fühlt, an Frances Hodgson Burnetts The secret garden, liegt damit nach meinem bescheidenen Empfinden gar nicht so weit daneben, kreisen doch beide Romane um ganz ähnliche Themen. Der Tod hier nur eines Elternteils, die sich zur Freundschaft entwickelnde Bekanntschaft zu einem geheimnisvollen Jungen, so wie die Geschichte des Vorbesitzers des fluchbeladenen Apfelgartens, der sich nach dem Verlust seiner Schwester von aller Welt zurück zog und eben nicht zuletzt der (Apfel-)Garten selbst - dass alles erinnert beim Lesen doch oft an den berühmten Klassiker. 
Titeloffensichtlich gibt es in dem Buch wohl auch Bezüge auf Christliche Mythologie und Ideologie, die mir allerdings, vom eben offensichtlichen, allerdings nicht weiter aufgefallen wären. K.L. Going ist ungeachtet möglicher persönlicher Lebensausrichtung mit ihrem Roman nicht daran gelegen die (Lese-)Welt zu Missionieren.

Mein Fazit für K.L. Goings Roman:
Sie erzählt in einfachen, sympathischen Worten ein modernes, anrührendes Märchen.
Beleuchtet dabei über mehrere geschickt miteinander verwobene Erzählstränge unseren Umgang mit Trauer, dem Leben und der Familie. Ganz persönlich hat mich an dem Roman berührt wie nah uns K.L.Going auch die Trauer des Vaters bringt, obgleich wir ihrer nur durch Evies Beobachtungen teilhaft werden, mehr noch aber wie sie es schafft das man in jedem Satz in jeder Geste die ungeminderte Liebe dieses Vaters zu seiner Tochter zu spüren vermag, zumindest wann immer es ihr gelingt zu ihm vorzudringen.
Ein Jugendbuch welches auch Erwachsene zu begeistern vermag.


*Verwendet im Begriffssinn wie wir in unter anderem bei TV-Tropes finden.

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