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Montag, 2. Dezember 2013

Verloren in Übersetzung

Hinblicks auf den Anhalter und dessen deutsche Fassung, dachte ich mir ich stelle einfach mal Spaßeshalber ein paar weitere Übersetzungsbeispiele vor:
The Man who cried "Wolf!", Robert Bloch

 The moon had just come up. It was shining across the lake, and when Violet came in it cast a silver web over her hair.
 But it wasn't moonlight that shone in sullen pallor from her face. It was fear.
 "What's biting you?" I asked.
 "A werewolf," said Violet.

Der Werwolf, Robert Bloch (Walter Brumm Übersetzung)

 Der Mond war noch nicht lange aufgegangen. Er schien über den See, und als Violet herein kam, warf er ein silbernes Netz über ihr Haar.
 Aber die Blässe in ihrem Gesicht kam nicht vom Mondlicht. Sie hatte Angst.
"Was ist los?" fragte ich.
"Ein Werwolf", sagte Violet.

Eine Frau wie Lisa, Robert Bloch (Evelyn Linke Übersetzung)

 Der Mond war gerade aufgegangen. Sein Licht viel auf den See, und als Violet hereinkam, wob es ein silbernes Netz um ihr Haar.
 Aber es war nicht das Mondlicht, das ihr Gesicht so bleich erscheinen ließ. Es war die Angst.
 "Was hast du?" fragte ich.
 "Ein Werwolf", sagte Violet.

 Obwohl die Walter Brumm Übersetzung in diesem einen Punkt Werktreuer ist, gebe ich hier der von Evelyn Linke geschaffenen Version, vom Mondlicht welches sich wie ein Spinnennetz um Violet webt, als Leser den Vorzug. Ihre Wortwahl verleiht der Geschichte mehr Lyrik, nach meinem Empfinden.
Anmerkenswert scheint hier noch wie beide Übersetzer sich dem naheliegenden widersetzen und darauf verzichten auf Blochs simples Wortspiel einzugehen (What's biting you ; Was beist dich / -hat dich gebissen), auch was grob Übersetzt "Es war nicht Mondlicht das blass von ihrem Gesicht schien..." heist, wird von beiden tulich vermieden.




Blue Moon, Lori Handeland

 My lips twitched. Zelda Hupmen was seventy-five if she was a day. A hard-drinking, chain-smocking throwback to the good times when such a lifestyle was commonplace and the fact it would kill you still a mystery.
 Obviously Zelda had yet to hear the scientific findings, since she was going to outlive everyone by smoking unfiltered Camels and drinking Jim Beam for breakfast.
 "Maybe the crazies just gearing up for the blue moon we've got coming."
 "What in living hell is a blue moon?"

Wolfskuss, Lori Handeland (Patricia Woytinek Übersetzung)

 Meine Mundwinkel zuckten. Zelda Hupmen war ein fünfundsiebzigjähriges, heftig trinkendes, kettenrauchendes Überbleibsel der guten alten Zeiten, wo ein solcher Lebenswandel gang und gäbe und der Umstand, dass er einen töten konnte, noch ein Mysterium war.
 Offensichtlich hatte Zelda von diesen wissenschaftlichen Erkenntnissen noch immer nichts gehört, denn es schien, als wollte sie jeden überleben, in dem sie filterlose Zigaretten rauchte und zum Frühstück Whiskey trank.
 "Vielleicht machen sich die Spinner auch nur für den Blauen Mond bereit, auf den wir zusteuern."
 "Was zum Teufel ist ein blauer Mond?"
 Ich kann nur vermuten das aus Werberechtlichengründen die filterlosen Camels zu Zigaretten wurden und aus Jim Beam Whiskey wurde - wobei man letzteren dann zumindest noch mit Bourbon hätte übersetzen können. Ich hätte auch eher erwartet das man ein  "What in living hell..." mit einem "Was zur Hölle..." Übersetzt.




The Raven, Edgar Allan Poe

Once upon a midnight dreary, while I pondered, weak and weary,
Over many a quaint and curious volume of forgotten lore--
While I nodded, nearly napping, suddenly there came a tapping,
As of some one gently rapping, rapping at my chamber door.
''Tis some visitor,' I muttered, 'tapping at my chamber door--
Only this and nothing more.'

Der Rabe, Edgar Allan Poe (Michael Görden Übersetzung)

Einst bis in die tiefste Nacht, müd' und traurig ich bedacht,
was ich fände noch an Macht, in der alten Bücher Lehr -
tief den Schlaf schon in den Knochen, hörte plötzlich ich ein Pochen,
wie nicht mehr seit langen Wochen, Wochen die mir menschenleer,
"Ein selt'ner Gast wohl", sagt ich mir, "spät noch fand den Weg hierher,
    sein Klopfen war's, nichts weiter mehr."
 

Der Rabe, Edgar Allan Poe (Hedda Moeller-Bruck Übersetzung)

Eines Nachts, aus gelben Blättern mit verblichnen Runenlettern
Tote Mären suchend, sammelnd von des Zeitenmeers Gestaden,
Müde in die Zeilen blickend und zuletzt im Schlafe nickend,
Hört' ich plötzlich leise klopfen, leise, doch vernehmlich klopfen
Und fuhr auf, erschrockend stammelnd: "Einer von den Kameraden",
    "Einer von den Kameraden".
 Wenn man eine Königsdisziplin der Übersetzung benennen sollte müsste das wohl die, zugleich auch Kardinalfrevel darstellende, Gedichtübersetzung sein. Hierbei bemüht sich Hedda Moeller-Brock zumindest noch um den Erhalt einer gewissen Atmosphäre, wenn sie sich auch sonst wenig um den tatsächlichen Inhalt zu scheren scheint..
Gördens Übersetzung gibt sich da etwas mehr mühe, aber auch er verliert zum Ende hin zunehmend und opfert letztlich den Inhalt dem Reim. Man merkt hier auch wieder sofort wie beide die Wiederholung am Ende, die ein Kernelement in Poes Gedicht darstellt, scheuen, Görden gar einen eigenen zusätzliche Reim in die zweite Zeile fügt der sich im Original nicht findet.




The Fall of the House of Usher, Edgar Allan Poe

At the request of Usher, I personally aided him in the arrangements for the temporary entombment. The body having been encoffined, we two alone bore it to its rest. The vault in which we placed it (and which had been so long unopened that our torches, half smothered in its oppressive atmosphere, gave us little opportunity for investigation) was small, damp, and entirely without means of admission for light; lying, at great depth, immediately beneath that portion of the building in which was my own sleeping apartment.

Der Untergang des Hauses Usher, Edgar Allan Poe (Hertha Lorenz Übersetzung)

 Auf die Bitte Ushers half ich ihm den selbst bei den Vorkehrungen für das vorläufige Begräbnis. Nach dem wir den Leichnam in den Sarg gelegt hatten, trugen wir zwei ihn ganz allein in die Ruhestätte. Das Gewölbe, in welches wir ihn stellten, und das schon so lange nicht mehr geöffnet worden war, dass unsere Fackeln in seiner drückenden Atmosphäre nahezu erstickten gab uns nur wenig Gelegenheit zu einer genaueren Untersuchung. Es war klein, dumpf und gestattete dem Licht keinerlei Zutritt; es lag sehr tief unterhalb der Erdoberfläche, unmittelbar unter jenem Teil des Gebäudes, in welchem sich mein Schlafzimmer befand.

Der Untergang des Hauses Usher, Edgar Allan Poe (Hedda Moeller-Bruck Übersetzung)

 Auf Ushers Bitte war ich ihm bei der vorläufigen Bestattung behilflich. Nachdem wir den Körper in den Sarg gelegt, brachten wir ihn allein an seine Ruhestätte. Das Gewölbe, in dem wir ihn niedersetzten, war eng, feucht und so lange nicht mehr geöffnet worden, dass unsere Fackeln in der dicken Atmosphäre fast verloschen und nur geringe Möglichkeiten boten, eine weitere Untersuchung vorzunehmen. Dieses Gewölbe lag in ziemlicher Tiefe unmittelbar unter dem Teile des Gebäudes, der auch mein Schlafzimmer enthielt.
 Bei den mir vorliegenden Übersetzungen von Poes Storykorpus zeigt sich hingegen nur wenig Varianz von Übersetzer zu Übersetzer, aber hier scheint mir Hedda Moeller-Bruck sich mehr um Originaltreue zu bemühen, und wieder stoßen wir, bei Lorenz, auf eigene, überflüssige Texteingabe (sehr tief unterhalb der Erdoberfläche).

Witziger Zufall, onfiction.ca, hat gerade dieser Tage einen Artikel zum Thema Übersetzungen/Übersetzer, und bei denen scheint der Konsens zu Lauten das ein Übersetzer eben auch Interpret ist - was Sicher ein Stück weit stimmt, denn wann immer ein Sprachbild sich nicht Übersetzen lässt muss natürlich ein passender, sinnerhaltender Ersatz gefunden werden. Sprich: Nicht alle eigen Einbringung ist zwangsläufig schlecht, manchmal ist sie sogar notwendig.

Anmerkung:
Der Titel dieser Post "Verloren in Übersetzung" ist natürlich eine direkte, grammatisch inakkurate Übersetzung von "Lost in translation".

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